Und ganz unten eine Inschrift: den 9. August 1817.
Wie kam es zu diesem Bild und warum hängt es wohl bis heute in der Kirche?
Genau ein Jahr zuvor, am 9. August 1816 hatte ein schwerer Hagelsturm die ohnehin nur geringe Ernte völlig vernichtet. Es war das Jahr, das in Württemberg und anderen Teilen Europas als ‚Jahr ohne Sommer‘ in die Geschichte eingegangen ist. Mit völlig verrücktem Wetter: Sommerlich warm an Neujahr, dann Schnee bis in den Mai, dann Regen ohne Ende, und schließlich am 9. August ein schwerer Hagelsturm. Geerntet wurde in jenem Jahr praktisch nichts. Heute wissen wir es: Die Ursachen lagen wohl in einem gewaltigen Vulkanausbruch in Indonesien.
Die Menschen damals im Land waren fast am Verhungern. Getreidepreise stiegen ins Unermessliche. Viele verließen das Land und wanderten „nass“ oder „trocken“ aus: Die nasse Auswanderung ging mit dem Schiff über den Ozean nach Amerika, vor allem nach Pennsylvania, die trockene nach Osten ins vermeintlich gelobte Land, nach Bessarabien oder an die Wolga.
Und dann die bange Frage: Würde es 1817 wieder besser werden? Die Ortschronik berichtete damals, dass überall gestohlen wurde. Anfang 1817 begann man, im Ort nachts Wachen aufzustellen, und als man im Frühjahr Getreide aussäte und Kartoffeln steckte, auch draußen auf den Feldern.
Ende Juli wurden dann erneut Feldhüter aufgestellt, als das Getreide reifte. Und dann endlich im August: Die Einbringung des ersten Erntewagens. Dieses freudige Ereignis musste im Bild festgehalten werden.
Auch das junge Königspaar von Württemberg, der gerade erst ins Amt gekommene König Wilhelm I. und seine Frau Katharina, ließ diese Lage im Land nicht unberührt. Als im Jahr 1817 der erste Erntewagen eingebracht wurde, kam dem König und seiner russischen Frau die großartige Idee, ein landwirtschaftliches Fest zu stiften. Es sollte alljährlich am Geburtstag Seiner Majestät, am 28. September, auf dem Cannstatter Wasen stattfinden . Zum ersten Fest 1818, das nur einen Tag dauerte, strömten mehr als 30.000 Besucher, und das zu einer Zeit, da die Oberamtsstadt Cannstatt selbst nur etwa 3000 Einwohner hatte. Das Fest sollte die Bauern ermutigen.
In diesem Jahr 2018 feiern wir 200 Jahre Volksfest. Für mich gehört dazu an erster Stelle die Erinnerung, dem Gott zu danken, der es auf den Feldern wachsen lässt. Auch heute. Wie sehr wir darauf angewiesen bleiben, ist uns im zurückliegenden trockenen und heißen Sommer neu bewusst geworden. Gott hat es uns am Anfang der Geschichte, nach der Sintflut versprochen: ‚Solange die Erde steht, soll nicht aufhören Saat und Ernte, Frost und Hitze, Sommer und Winter, Tag und Nacht.‘ (1. Mose 8,22)
Zum Erntedankfest 2018 geschmückter Altar der Stiftskirche