Ich habe einfach zu viele Bilder von ihm im Kopf: Da ist zunächst der lebenslustige junge Jurastudent, dann der mit sich selbst hart ins Gericht gehende überehrgeizige Mönch.
Später ist es der völlig abgemagerte, aber mit einer reformatorischen Einsicht versehene Theologe, der auf der Bühne der Welt steht, der mit den großen Theologen diskutiert und beim Reichstag zu Worms 1521 sogar zwei Mal dem Kaiser gegenübersteht. Anschließend ist er der vogelfreie Theologe, der um sein Leben fürchten muss.
Kurz darauf sehe ich ihn als Junker Jörg auf der Wartburg, zunächst in großer Anfechtung, dann in Monaten ungeheurer Produktivität bei der Übersetzung des Neuen Testaments. Mager ist er nicht mehr; er wird langsam dick, hat dann aber lebenslang Magen- und Darmprobleme.
Einige Jahre danach ist er Familienvater und bald darauf der „alte“ Luther, der in den letzten 15 Jahren das Bestehende verwaltet und es nach verschiedenen Seiten absichert.
Welches Bild ich auch vor Augen habe, immer denke ich im Jahr des Reformationsjubiläums dankbar an Martin Luther:
- weil er das Evangelium wieder zum Leuchten gebracht hat
- weil er die Bibel ins Deutsche übersetzt hat
- weil er seine Überzeugungen wegen nichts und niemandem preisgegeben hat
- und nicht zuletzt auch, weil er kein Heiliger war, sondern ein fehlbarer Mensch mit Stärken und Schwächen.
In vielen Veranstaltungen laden wir in diesem Jahr dazu ein, an Reformation nicht nur zu erinnern, sondern sie auch voranzubringen: 2017 sind nur die ersten 500 Jahre zu Ende, die zweiten 500 beginnen gerade erst.
Mit herzlichen Grüßen – auch im Namen von Citydiakonin Cornelia Götz
Ihr Stiftspfarrer Matthias Vosseler