In seiner Kindheit half er oft nach der täglichen Schule, die er in reinen Jungenklassen in der Heilbronner Volks- und Mittelschule durchlief, auf dem elterlichen Bauernhof in Böckingen bei Heilbronn mit. „Mädchen waren für mich ferne Wesen“, erzählt er, „schließlich hatte ich keine Schwester, sondern nur einen älteren Bruder“. Seine Eltern hielten ihn an, allsonntäglich den Kindergottesdienst zu besuchen. Als die Zeit gekommen war, nahm er am Konfirmanden-Unterricht teil. Eine erste Gewissensprüfung ergab sich, als er zusammen mit einem Schulfreund das Gespräch mit einem Pfarrer darüber suchte, was der bevorstehende Wehrdienst oder eine mögliche Verweigerung vor einer Prüfkommission und vor ihrem eigenen Gewissen für beide bedeuten könnte. Die jungen Männer stellten sich jedoch als wehrdienstuntauglich heraus. Diese Problemlösung ersparte ihm eine tiefere Klärung seiner Glaubenszweifel.
Während seiner Ausbildung zum Verwaltungswirt und bis zur bestandenen Staatsprüfung 1969 lebte Kurt Remmele auf dem elterlichen Aussiedlerhof. Danach wurde er bei der Stadtverwaltung Stuttgart als Beamter übernommen und zum Programmierer ausgebildet. In dieser Funktion arbeitete er dann ab 1971 beim Evangelischen Oberkirchenrat in Stuttgart. War das eine spannende Zeit? „Ja, wir haben manches Abenteuer erlebt, auch mit Nachtarbeit im damaligen Computersaal“, erzählt er.
Den Berufsanfänger, der just ein Mädchen namens Marianne entdeckt hatte, verwickelte immer wieder ein Kollege in tiefgehende Gespräche über den Glauben und das Leben mit dem Glauben. Kurt Remmele wurde neugierig und ließ sich in den „Offenen Abend“ einladen – zuerst zu öffentlichen Abenden und dann auch in einen Gesprächskreis.
„Nachdem ich einen Autounfall auf unerklärliche, wundersame Weise unbeschadet erlebt hatte, entschied ich mich 1971 für ein Leben mit Jesus und wurde Mitarbeiter im „Offenen Abend“, erzählt Kurt Remmele. Dieses zweite Erlebnis, in dem er dem Tod ganz plötzlich ganz nah war, streift er nur mit einem Satz. „In der Folgezeit erlebte ich im „Offenen Abend“ Momente großer Freude. Und ich lernte Marianne immer besser kennen und lieben“. Tiefe Dankbarkeit strahlt dabei aus seinen Augen.
„Unsere Trauung 1972 feierten wir mit vielen Gästen“, erinnert er sich. Vier Kinder – drei Töchter und ein Sohn – wurden dem Ehepaar Remmele innerhalb von acht Jahren geschenkt. Die Eheleute haben die ersten Dekaden als dornenreich und manchmal von gegenseitigen Verletzungen getrübt empfunden, konnten aber mit Hilfe christlicher Familien im „Offenen Abend“ lernen, ihr Leben gut zu bewältigen. „Wir haben viel Unterstützung, auch Korrektur erfahren, wir haben vorbildliches Miteinander beobachtet und Wegweisung bekommen. Die öffentlichen Vorträge, auch die Gesprächskreise und Freizeiten waren eine große Hilfe“, sagt Kurt Remmele heute. „Unser Verhältnis zu Gott hat sich auch durch das gemeinsame Lesen der täglichen Losung stetig vertieft. Meine Frau hat damals manche schwierigen Tage im Alltag und in der Familie nur mit viel Gebet durchstanden“. Bis heute besteht eine geistliche Freundschaft mit einem anderen Ehepaar, und das Quartett ist sich gegenseitig eine Stütze auf dem Lebensweg. „Heute bedauern wir die vielen Missverständnisse, die wir hatten“, sagt er.
Im Jahr 2000 meldete sich das Ehepaar Remmele bei der Stiftsgemeinde als Gemeindeglieder an. Während der Umbauphase der Stiftskirche nahmen beide an Gebetstreffen in der Baustelle teil. Pfarrer Manfred Bittighofer entdeckte eine neue Aufgabe für Kurt Remmele: als Kirchenführer.
Seit seinem Ruhestand im Jahr 2009 übernehmen Marianne und Kurt Remmele möglichst gemeinsam wöchentlich eine Öffnungs-Schicht der Stiftskirche am Infostand und für die Kirchenwache. Kurt Remmele spricht dann gerne Besucher aus dem Ausland an, um ihnen eine Beschreibung der Kirche in ihrer Muttersprache zu zeigen, die gerne angenommen wird.
Manchmal kommt es dabei auch zu besonderen Begegnungen. „Eines Abends kurz vor Schluss kamen fünf junge Koreaner herein und fragten, ob wir ihnen eine kostenlose Übernachtungsmöglichkeit besorgen können. Unsere telefonische Suche scheiterte, und so nahmen wir sie mit in unsere Wohnung. Der Älteste erklärte uns auf Deutsch, dass sie als Gruppe „ohne Geld“ von Heidelberg aus unterwegs seien, um Menschen auf das Evangelium anzusprechen. Es wurde dann ein richtig netter Abend, und sie übernachteten in einem Stockbett und im warmen Wohnzimmer auf dem Fußboden.“
Das dritte Wunder ist erst knapp drei Jahre her: Kurt Remmele erfuhr, dass sich ein seltener, aggressiver Krebs an seiner linken Wange zeigte. Nach Besinnen auf sein Alter und Gebet kann er sagen. „In diesem Gebet wurde mir ein für Menschen unerklärliches Vertrauen darauf geschenkt, dass mich Gott auf jeden Fall gesund machen wird“. Mit diesem Vertrauen und einer Gelassenheit, die er selbst nie für möglich gehalten hätte, ertrug er die Operationen, die Zeit auf der Intensiv-Station und eine Bestrahlungsserie. „Dort bekam ich von unserem Herrn Jesus zugesprochen: „Deine Sünden sind Dir vergeben!““, erzählt ersichtlich bewegt. „Während der monatelangen Krankheitszeit habe ich eine so große Nähe zu Gott empfunden und seine Kraft so deutlich gespürt, dass ich mich immer wieder danach sehne“.
Das Ehepaar Remmele lebt dieses Geschenk der Genesung und des Lebens seither jeden Tag mit Dank: „Im Laufe unseres Lebens erlebten wir immer wieder Gebetserhörungen. So wurden wir immer mutiger, Gottes Hilfe auch in alltäglichen Dingen zu erbitten. Dann haben Marianne und ich biblische Aussagen immer neu und immer besser verstanden und uns auch stark mit den Ewigkeits-Aussagen beschäftigt. Wie jeder, der das tut, haben wir die vielerlei Aussagen darüber in der Bibel neu und mit Freude und Staunen wahrgenommen.“
Gott nahe zu sein, ist ihr Glück (entsprechend Psalm 73, 28).