Bis Sonntag, den 29.05., nach dem Gottesdienst waren die Ikonen im Chorraum unserer Stiftskirche zu sehen.
Neben Alexander Klymenkos großem Zyklus, der auf Munitionskisten gemalt wurde, sind weitere Künstlerinnen und Künstler mit durchweg kleineren Formaten vertreten. Ausgestellt sind zeitgenössische Ikonen in verschiedenen künstlerischen Techniken, von denen eine ganze Reihe erst in jüngster Zeit, seit Beginn des Krieges in der Ukraine, entstanden. So sind in der Ausstellung mehrere berührende Ikonen mit einer Pietà zu sehen, der traditionsreichen Darstellung des toten Jesus in den Armen der trauernden Maria, seiner Mutter.
Von einer intensiven Auseinandersetzung mit dem Leiden Jesu zeugt auch die runde Ikone der Künstlerin Uliana Tomkevych aus Lwiw/Lemberg, die bei der Eröffnung der Ausstellung anwesend ist. „Gebet über dem Kelch“ ist die Ikone betitelt und stellt Jesus bei seinem Gebetskampf im Garten Gethsemane unmittelbar vor Beginn des Leidensgeschehens dar. Sein bittendes Flehen an den himmlischen Vater, ob der Kelch des Leidens an ihm vorübergehen könnte, enthält zugleich die Einwilligung, den Leidensweg zu gehen. Es mündet in die auf der Ikone dargestellte Stärkung Jesu durch einen Engel, von der im Lukasevangelium berichtet wird. Nach dem Beginn des Krieges, so erzählt die Künstlerin, habe sie einige Tage überhaupt nicht malen können. Die hier gezeigte Ikone ist das erste Werk, das dann während der Krieges entstand.
Uliana Tomkevych ist vom Ort der Ausstellung besonders berührt. Von Stiftspfarrer Matthias Vosseler habe sie, so erzählt sie, gelernt, dass die Stiftskirche nach dem Zweiten Weltkrieg fast vollständig zerstört gewesen sei. In einem Interview, das sie am Donnerstagvormittag mit Hilfe eines Dolmetschers gibt, zeigt sie auf die Chorfenster der Stiftskirche, die in ihren intensiven Rottönen und Motiven aus der Offenbarung des Johannes auf die Schrecken des gerade zurückliegenden Krieges verweisen, und hebt dann die Darstellung der Passions- und Ostergeschichte im mittleren Chorfenster hervor. „Die Auferstehung von Jesus, das ist das wichtigste für uns“, bezeugt sie, „das ist auch unsere Hoffnung.“
Es wird derzeit überlegt, die Ausstellung zu einem späteren Zeitpunkt noch einmal, und dann für etwas länger, in die Stiftskirche zu holen.
(c) Bilderrechte bei Uliana Tomkevych